Unterirdischer Bahnausbau: Landespolitik will Chancen für Lebensraum ergreifen
Volles Haus: 550 Bürger:innen besuchten Informationsveranstaltung „Bahn unten! Leben oben!“ der IGUB-Bürgermeister:in in Lochau – Landtagsparteien demonstrierten Einigkeit: Bahnausbau gehört in Koalitionsvertrag und die Schienen unter die Erde
Die Vertreter:in der Landtagsparteien stellten sich am 07.10.2024 einhellig hinter die vom Bahnausbau betroffenen Gemeinden: Der unterirdische Bahnausbau gehört zwingend im Koalitionsvertrag der nächsten Landesregierung verankert, sämtliche Bahngleise sollen unter die Erde und die Arbeitsgruppe zur Findung der Bestvariante soll umgehend und mit Nachdruck starten. Dieses klare Bekenntnis erfolgte gestern Abend vor rund 550 Bürger:innen bei der Informations- und Diskussionsveranstaltung „Bahn unten - Leben oben“ der Bürgermeister der „Interessengemeinschaft Unterirdischer Bahntrassenausbau im Großraum Bregenz“ (IGUB) und der Regio Bodensee.
Als Vertreter der IGUB sprachen sich Hausherr Frank Matt, Bürgermeister Gemeinde Lochau, Elmar Rhomberg, Bürgermeister Marktgemeinde Lauterach, und Michael Ritsch, Bürgermeister Landeshauptstadt Bregenz, einmal mehr für einen Ausbau im Einklang mit Menschen und Natur aus. Und verwiesen darauf, wie wichtig eine zukunftsfähige Schiene auch für den Standort Vorarlberg ist. „Die Bahn ist unschlagbar für die Beförderung von Personen und Gütern“, betonte IGUB-Sprecher Rhomberg. Doch es brauche dringend leistungsfähige Mobilitätslösungen. Beispielsweise soll sich der Containerumschlag am Güterterminal Wolfurt bis 2029 auf 380.000 Container jährlich verdoppeln. Hunderte Meter lange Güterzüge, die am Seeufer und durch Wohngebiete rattern, kann sich allerdings keine:r der Anwesenden vorstellen. „Das bedeutet: Die Bahn muss unter die Erde, damit oben wertvoller Lebensraum für die Menschen frei wird“, resümiert Rhomberg.
Diese Meinung vertritt auch die Genossenschaft mehramsee, die sich seit zwölf Jahren für den einzig zukunftsfähigen Bahnausbau engagiert. Für deren Vorsitzenden Pius Schlachter wäre der unterirdische Ausbau zwischen Wolfurt und der deutschen Staatsgrenze ein zukunftstauglicher Lückenschluss in einer grenzüberschreitenden Anbindung an die europäischen Hochgeschwindigkeitsstrecken – Vorarlberg würde damit vom Rande Österreichs ins Zentrum Europas rücken.
Vorbild Zürich: Es braucht politischen Willen
Etwa eineinhalb Bahnstunden von hier entfernt, in Zürich, wird Bahninfrastruktur seit Jahrzehnten erfolgreich in den Untergrund gebaut. Am Beispiel des größten Bahnknotens der Schweiz zeigte Werner Schurter von der Schweizerischen Bundesbahnen AG SBB, dass es möglich ist, selbst im laufenden Betrieb ein unterirdisches Großprojekt umzusetzen. In seinem Vortrag schilderte der Leiter der Zürcher S-Bahn/Region Ost und des SBB Regionalverkehrs außerdem, welche Vorteile der unterirdische Ausbau für Mobilität und Stadtentwicklung gleichermaßen bringt. Zum Abschluss verriet Schurter noch den Schlüssel zum Erfolg solcher Vorhaben: den politischen Willen.
Unterflurlegung als Chance nutzen
Die abschließende Podiumsdiskussion brachte die Erkenntnis, dass der politische Wille in Bezug auf die beste, chancenreichste Lösung im Bahnausbau nun auch auf Landesebene über alle Parteien hinweg gegeben ist. Die Diskussionteilnehmer:in – die Spitzenkandidaten/-in der Landtagsparteien Christof Bitschi (FPÖ), Claudia Gamon (NEOS), Mario Leiter (SPÖ) und Landesrat Daniel Zadra (Die Grünen) sowie Patrick Wiedl (ÖVP), der aus terminlichen Gründen Landeshauptmann Markus Wallner vertrat – waren sich einig, dass ein oberirdischer Ausbau kategorisch ausgeschlossen wird. Und damit nicht genug: Vielmehr sollte die Gelegenheit genutzt werden, nicht nur – wie im Landtagsbeschluss festgehalten – zusätzliche Gleise in den Untergrund zu verlegen, sondern die Bahn gesamthaft aus dem Lebensraum zu holen. Dabei wurde durchaus Tatendrang spürbar: Das Thema ist allen wichtig genug, um es im Falle späterer Regierungsverhandlungen in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. Unisono sprachen sich die Landespolitiker:in außerdem dafür aus, mit Gemeinden und weiteren Stakeholdern an einem Strang zu ziehen und mit einer Stimme die Vorarlberger Forderungen in Wien zu vertreten.
Auch Land drückt jetzt aufs Tempo
Keine zwei Meinungen gab es in der Frage der Dringlichkeit. „Vor nunmehr zwei Jahren wurde erstmals eine Arbeitsgruppe angekündigt, um die Rahmenbedingungen für den Prozess zur Findung der Bestvariante festzulegen und den Prozess dann in Gang zu bringen“, erklärt Rhomberg, passiert sei seither jedoch nicht viel. Diese verlorene Zeit wollen offenbar auch die Landtagsparteien aufholen. Die entsprechende Arbeitsgruppe soll umgehend gegründet und auch mit einem entsprechenden Budget ausgestattet werden, um den Prozess aufzugleisen. Rhomberg wertet dies auch als Zugeständnis, dass seit dem Landtagsbeschluss zu wenig passiert ist.
Mit vereinten Kräften soll sich das jetzt ändern. Die IGUB-Bürgermeister:in sehen in der klaren, erfreulich einheitlichen Position der Landespolitik zum unterirdischen Bahnausbau einen Gamechanger. Elmar Rhomberg zieht diesbezüglich einen sportlichen Vergleich: „Wir Bürgermeister wären schon lange bereit gewesen, den Ball in die Hand zu nehmen und den Elfmeter für unseren Lebensraum und unsere Bevölkerung zu schießen. Mit dem heutigen Abend scheint der Funke endlich auch auf die Landespolitik übergesprungen zu sein. Den Wortmeldungen zufolge brennen nun auch die Landesparteien dafür, in unserem Team zu spielen und den Ball im Tor zu versenken. Jetzt gilt es, Nägel mit Köpfen zu machen. Das heißt: die Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, festzulegen, was wir überhaupt wollen, und dann internationale Expert:innen zu beauftragen, die beste Lösung für Vorarlberg und die Menschen zu finden.“
Über die IGUB
Mit dem Ziel, dass die Interessen der Kommunen in raum- und städteplanerischer Hinsicht ausreichend Berücksichtigung finden, schlossen sich die Bürgermeister von Bregenz, Lochau, Hörbranz und Wolfurt im April 2022 zur „Interessengemeinschaft Unterirdischer Bahntrassenausbau im Großraum Bregenz“ (IGUB) zusammen. Ein Jahr später trat die Regio Bodensee mit insgesamt 17 Mitgliedsgemeinden bei. Die Mitgliedsgemeinden vertreten ein Viertel der Vorarlberger Bevölkerung und treten gemeinsam dafür ein, dass Mobilität im Einklang mit Mensch und Natur für die Zukunft fit gemacht wird.
Quelle: clavis Kommunikationsberatung GmbH
Fotos: Udo Mittelberger